Im August gibt uns Jens interessante Einblicke in seinen Brauprozess !
Einleitung
Hallo, ich bin Jens. Ich braue seit 2012 selbst Bier und bin mittlerweile bei Sud Nummer 47. Dabei benutze ich immer noch meinen ersten Einkocher. Bei meiner Anlage versuche ich meinen persönlichen Aufwand so gering wie möglich zu halten, das heißt, viel zu automatisieren und den leidigen Putzaufwand zu reduzieren.
Ich mache ausschließlich obergärige Biere, da mir die zusätzlichen Kühlmöglichkeiten für die Gärung fehlen. Rezepte erstelle ich mit Braureka, der Nachfolgeversion vom Müggelland Rezeptkalkulator [1].
Schroten
Geschrotet wird mit einer Corona Malzmühle mit einem 125mm KG-Rohr Aufsatz. Die Mühle wird mit einem handelsüblichen Akkuschrauber angetrieben.
Malzmühle
Maischen
Mein Braukessel ist ein Severin Einkochautomat von Lidl, Modell 2012. Er wird mit Korkmatten isoliert. Nach einem Beitrag im Hobbybrauerforum [2] wurde die Steuerungsplatine angezapft, sodass man von extern den Kessel steuern kann.
Das Rührwerk besteht aus einem gebrauchten 12V Scheibenwischermotor auf einer Acrylglasplatte. Zur Sicherheit hatte ich den Motor geöffnet und die Verbindung zum Außengehäuse gekappt, damit dort bei Betrieb im Uhrzeigersinn keine 12 Volt mehr anliegen. Manche Netzteile sind nicht galvanisch vom Stromnetz getrennt und dadurch kann es unter Umständen wohl zu einer Elektrolyse in der Maische kommen [3]. Das Rührwerk selbst ist ein normaler Mörtelmischer erweitert mit zwei Edelstahlblechen.
Rührwerk
Als Steuerungszentrale dient ein RaspberryPi mit CraftbeerPi als Steuerungssoftware [4]. Der RaspberryPi ist mit einer selbstgebauten Anschlussbox verbunden. Darin befindet sich unter anderem ein Piezo Buzzer für Alarme, ein Relais zum Ansteuern des Rührwerks, ein Optokoppler zur galvanisch getrennten Ansteuerung des Einkochers und diverse Anschlüsse für 5V/12V Computernetzteil, das Rührwerk, ein externes DS18B20 Digitalthermometer, die Verbindung zum Einkocher und ein USB Anschluss zum Laden eines alten Telefons, welches gleichzeitig als Display dient.
Brausteuerung
Für die Kalibrierung des Einkochers hatte ich viel Zeit verwendet. Ein Einkocher hat eine recht lange Nachheizzeit bzw. reagiert generell recht träge. Bei der Kalibrierung muss man daher einen Kompromiss zwischen zu starkem Überschießen und zu langsamem Annähern an die Zieltemperatur finden. Ich habe mich damit beholfen, indem ich neben der Kalibration zusätzlich die Steuerungssoftware vom CraftbeerPi angepasst habe und beim reinen Aufheizen bis zu einem gewissen Punkt eine um 1 Grad niedrigere Zieltemperatur vorgaukele, um ein Überschießen zu verhindern. Mit dieser Anpassung schaffe ich es, die Zieltemperatur auf +/- 0.2 Grad zu erreichen und auch zu halten. Nebenher kann ich beruhigt frühstücken und das Maischeprogramm läuft automatisch ab. Die Steuerung läuft stabil, so dass ich schon seit Jahren kein Brauprotokoll mehr erstellt habe.
Die Brauanlage
Läutern
Geläutert wird in einem Kunststoffeimer mit Läuterblech. Die Würze filtere ich zusätzlich mit einem Monofilamentfilter, da ein paar Spelzen bei mir immer ihren Weg am Läuterblech vorbei finden.
Läuterblech
Filter
Aus Ermangelung eines großen Topfes wird ein Teil des Nachgusses auf dem Herd und der zweite Teil in einem Edelstahleimer mit Automatik-Tauchsieder von Ehlers erhitzt.
Geläutert wird wieder direkt in den Einkocher. Der Tauchsieder hilft hier auch beim schnelleren Erhitzen der Würze für das Kochen.
Abkühlen, Anstellen und Gärung
Ein bisschen vom Glattwasser wird zum Dehydrieren der Trockenhefe verwendet.
Gekühlt wird mit einer Kupferspirale. Das Kühlwasser wird in der Badewanne gesammelt und gleich zum Putzen der Braugerätschaften verwendet. Ich kühle die Würze erst auf Anstelltemperatur ab und mache erst dann einen Whirlpool. Das erspart mir das Putzen eines weiteren Eimers. Je nach Rezept stoppe ich zwischendurch die Kühlung bei 80°C und mache eine Whirlpoolhopfung.
Kühlspirale und Kühlwasser
Ausgeschlagen wird direkt in einen Fermentasaurus. Als Auffangbehälter benutze ich eine Sodastream Kunststoffflasche, da mir die Originalflasche in der Spülmaschine verformt wurde (nicht nachmachen!). Originalflaschen als Ersatzteil sind laut Aussage eines Händlers aufgrund eines Mindesthaltbarkeitsdatums der Flaschen nur schwer zu bekommen.
Fermenter
Mit dem Whirlpool gebe ich mir nicht sonderlich viel Mühe beim Ausschlagen. Ein bisschen Trub in der Würze schadet wohl nicht, sondern sorgt wohl sogar für eine verbesserte Vergärung, da mehr Hefeteilchen in Schwebe gehalten werden und ein negativer Einfluss auf den Geschmack nicht nachweisbar ist [5]. Im Fermentasauraus setzt sich der Trub und die Hopfenpartikel auch recht schnell unten in der Flasche ab.
Die Temperatur bei der Gärung überwache ich nicht, suche nur einen Raum mit passender Temperatur aus, meist den Keller. Der Gärverlauf wird mit einer Bierspindel direkt im Fermentasaurus überwacht.
Zum Hopfenstopfen verwende ich eine 30 cm Hop-Tube aus Edelstahl, die direkt in den Fermentasaurus gehangen wird.
Flaschenreinigung und Abfüllen
Zum Flaschen Reinigen verwende ich einen Handflaschenreiniger mit rotierender Edelstahlbürste und einen Flaschenspüler „Double Blast“.
Mit einer Dosierhilfe wird dann Zucker in jede einzelne Flasche gefüllt. Abgefüllt wird direkt aus dem Fermentasaurus mit einem Schlauch und Abfüllröhrchen. Verkorkt wird mit einem Grifo Kronkorkenverschließer.
Abfüllung in Flaschen
Links:
[1] Braureka: https://braureka.de/
[2] Umbau des Lidl Einkochautomats: https://hobbybrauer.de/modules.php?name=eBoard&file=viewthread&fid=5&tid=14588&page=1&orderdate=ASC
[3] Elektrolyse in der Maische: https://hobbybrauer.de/forum/viewtopic.php?t=8065
[4] CraftbeerPi: http://web.craftbeerpi.com/
[5] Florian Kühbeck, “Analytische Erfassung sowie technologische und technische Beeinflussung der Läutertrübung und des Heißtrubgehalts der Würze und deren Auswirkungen auf Gärung und Bierqualität“, Dissertation an der Fakultät Wissenschaftszentrum Weihenstephan, Mai 2007, https://mediatum.ub.tum.de/619244